Die Entscheidung darüber, welche Tätigkeiten gesellschaftlich als produktiv gelten, wird unablässig neu verhandelt und besitzt hohe politisch-soziale Brisanz. Denn durch die Grenzziehungen zwischen Produktivität und Nicht-Produktivität, die unabdingbar mit Werturteilen und weltanschaulichen Positionen verknüpft sind, werden gesellschaftliche Ein- und Ausschlüsse vorgenommen und soziale Diskriminierungen legitimiert. Der vorliegende, interdisziplinär angelegte Sammelband (vertreten sind Literatur-, Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie Arbeitssoziologie und Pädagogik) untersucht mit Blick auf die bürgerliche Moderne die Semantisierungen von jüdischer, weiblicher, künstlerischer und intellektueller Arbeit, von Tätigkeiten also, die aus unterschiedlichen Gründen als weniger produktiv bewertet wurden. Gefragt wird dabei insbesondere, welche Aktivitäten als Ausbeutung, Bereicherung oder Schmarotzertum galten, welchen Gruppen diese Arbeitsformen zugeschrieben wurden und welche argumentativen Kontinuitäten auszumachen sind.